2017, Acryl auf Leinwand, 115 x 90 cm
FRAU BIBERBACH
Nach dem ersten Attentat auf Kaspar wird dieser bei der Familie Biberbach untergebracht. Herr Biberbach spielt in Kaspars Betreuung eine eher untergeordnete Rolle. Frau Biberbach, die nur zu Hause ist, wenn sie Gäste erwartet, ist schon von der Betreuung der eigenen Tochter gelangweilt und sieht Kaspar viel mehr als unterhaltsame Bereicherung für ihre exquisiten Abendveranstaltungen denn als einen in ihre Obhut gegebenen Ziehsohn („Es hatte oft den Anschein, als habe sie sich einen kleinen Hofnarren in den Dienst genommen“). Es macht ihr Spaß, viel Geld auszugeben und sich nach der neuesten Pariser Mode zu kleiden und einzurichten. Nicht nur ihre Kleidung ist tres chic, auch ihre Sätze sind mit französischen Worten gespickt („Grand Dieu!“), was in Verbindung mit ihrer nicht zu verleugnenden fränkischen Herkunft bestimmt für Erheiterung sorgte („In ihrem Verhalten vermischte sich das Modisch-Französische und das Nürnbergerisch-Provinzliche auf nicht immer einwandfreie Weise“).Kindererziehung hingegen macht Frau Biberbach keinen Spaß. Gehässig lässt sie Kaspar spüren, wie wenig sie ihm zutraut („Bringst es ja zu doch nichts, ist genauso, wie wenn ich seiltanzen wollte“) und ist diesem Spielzeug bald überdrüssig. Auch Kaspar ist verständlicherweise nicht gerne mit Frau Biberbach zusammen und sucht bald nach einem Weg, die Familie zu verlassen.
Frau Biberbach sitzt, die schlanken Beine elegant übereinander geschlagen, mit kunstvoll hochgestecktem Haar und extravaganter Designer-Bluse auf einem rosè-farbenen Zweisitzer in einem ebenso eleganten Salon. Die farblich wenig geschmackvollen Lilien (ein weiteres Symbol ihrer Frankreich-Liebe), die etwas acht- und nutzlos in einer Vase hinter dem Sofa stehen, lassen hinter der Fassade einer perfekten Imitation französischer Stilsicherheit einen bieder-fränkischen Kern erahnen.Vielleicht ist es diese Ungleichheit von Anspruch und Wirklichkeit, von Sein und Schein, die Frau Biberbach trotz dieses eigentlich zufriedenstellenden Ambientes nicht glücklich sein lässt. Um ihrem für eine schöne Pariserin zu schmalen Mund liegt ein verkniffener Zug, die Augen über ihrer zu langen und groben Nase blicken ins Leere und ihre Hände mit den hübschen kirschroten Fingernägeln wirken irgendwie nutzlos. Hart, verbissen und unzufrieden sind passende Attribute für „Kaspars alte Feindin“ (Daumer).