2017, Acryl auf Leinwand, 115 x 90 cm
SEINE HERRLICHKEIT LORD STANHOPE
Der englische Lord reist, von der abenteuerlichen Geschichte des Findelkindes angezogen, trotz finanzieller Engpässe mit aufschneiderischem Pomp ins beschauliche Franken und überhäuft den nach echter Liebe und Schönheit gierenden Kaspar mit kostbarem Schmuck und glitzernder Kleidung. Nicht nur original britischen Tee hat er für seinen Aufenthalt in der Fremde im Gepäck, eine ganze Küchenbelegschaft befindet sich in seiner Entourage, was von den bescheidenen Nürnbergern mit Argwohn zur Kenntnis genommen wird. „Sein Pomphaftes Auftreten missfiel“. Insbesondere Baron von Tucher ist alles andere als begeistert, dass dieser weltgewandte Graf mit seinen teuren Geschenken sein auf Bescheidenheit und Pflichterfüllung ausgelegtes Erziehungskonzept wiederholt torpediert. Kaspar glaubt in dem Abenteuer, Exotik und Weltbürgertum umwehenden Grafen mit seinen vortrefflichen Versprechen und seiner blumig-enthusiastisch bekundeten Zuneigung endlich einen wahren Freund gefunden zu haben. („Das traute Du soll zwischen uns herrschen; du sollst mich Heinrich nennen, als ob ich Dein Bruder wäre“.) „Mit Lust schürte der Graf das Feuer des Verlangens in Kaspar“. Doch sobald sich seine Herrlichkeit – den anfänglichen Widerstand Anselms von Feuerbach brechend und die quälende Langsamkeit der fränkischen Bürokratie überstehend – endlich, endlich offiziell Vormund Kaspar Hausers nennen darf, verschwindet er für immer und lässt einen unendlich enttäuschten und bis zu seinem Lebensende wartenden Kaspar zurück.
„Ein bestrickender Reiz von Weltlichkeit und geistiger Anmut lag über der Person“ – Lord Stanhope, sitzt, englischer Dandy mit Haut und Haar, in magenta-farbenem Anzug auf einem großblumig bezogenen Daybed. Blasierte Genervtheit und Langeweile im Blick. Das exotische, Kaspars Fernweh entzündende Pflänzchen in der Vase wird keine echten Blüten treiben. „Vielleicht war es nur ein Spiel“ – armer Kaspar!